Rundschreiben

04.12.2019

download
PDF

Bundesfinanzhof entscheidet zur Hinzurechnungsbesteuerung - Gegenbeweis kann auch in Drittstaatenfällen zulässig sein

Mit Ur­teil vom 22. Mai 2019 (I R 11/19) hat der Bun­des­fi­nanz­hof ent­schie­den, dass die deut­sche Hin­zu­rech­nungs­be­steue­rung in ge­wis­sen Fäl­len ge­gen EU-Recht ver­sto­ßen kann. Konkret ging es um die feh­len­de Ge­gen­be­weis­mög­lich­keit in Dritt­lands­fäl­len im Kon­text der Son­der­re­geln für Zwi­schen­ein­künf­te mit Ka­pital­an­la­ge­cha­rak­ter. Seit der Ent­schei­dung des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs in der Sache „Cadbury Schweppes“ ent­fällt bei Zwi­schen­ge­sell­schaf­ten in der Eu­ro­päi­schen Union die Hin­zu­rech­nungs­be­steue­rung, wenn der Steuer­pflich­tige nach­weist, dass die Zwi­schen­ge­sell­schaft ei­ner tat­säch­li­chen wirt­schaft­li­chen Tä­tig­keit in ih­rem An­säs­sig­keits­staat nach­geht. Dritt­staa­ten­ge­sell­schaf­ten stand diese Nach­weis­mög­lich­keit, der so­ge­nann­te Subs­tanz- oder Cadbury-Test, bisher nicht of­fen. Der Bun­des­fi­nanz­hof sieht in der feh­len­den Ge­gen­be­weis­mög­lich­keit grund­sätz­lich ei­nen Ver­stoß ge­gen die Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit. Die­ser Ver­stoß kön­ne aber in Aus­nah­me­fäl­len ge­recht­fer­tigt sein, wenn es der Fi­nanz­ver­wal­tung nicht mög­lich sei, die An­ga­ben des Steuer­pflich­ti­gen zu über­prü­fen. Nach Auf­fas­sung des Bun­des­fi­nanz­hofs ist dies dann der Fall, wenn hin­rei­chen­de Aus­kunfts­klau­seln zwi­schen den be­tei­lig­ten Staa­ten feh­len. Auch wenn im kon­kre­ten Ur­teil­sach­ver­halt kein Ver­stoß ge­gen das EU-Recht fest­ge­stellt wur­de, weil eine „große“ Aus­kunfts­klau­sel im Sin­ne des Artikel 27 des OECD Mus­ter Dop­pel­be­steue­rungs­abkom­men zwischen Deutsch­land und der Schweiz für den für das Ur­teil maß­geb­lichen Zeit­raum nicht ge­sichert war, wird deut­lich, dass dies nicht im­mer so sein muss. Be­ste­hen für die Fi­nanz­ver­wal­tung aus­rei­chen­de In­for­ma­tions­mög­lich­kei­ten, die Nach­wei­se über die wirt­schaft­li­che Tä­tig­keit der Ge­sell­schaft zu über­prü­fen, ver­stößt eine Hin­zu­rech­nungs­be­steue­rung ge­gen die Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit.